Mit dem Advent beginnt ein neues Kirchenjahr. Der Kolpinggedenktag liegt gleichsam am Eingang des neuen Kirchenjahres, das zugleich unser Jubiläumsjahr ist: ein besonderes Jahr für die Kirche und für das Kolpingwerk. Die weltweite Gemeinschaft der Kirche begeht dieses Jahr als Heiliges Jahr, in dem wir besonders danken für das Leben, das der Glaube an Jesus Christus schenkt und für die Nähe Gottes, die wir an jedem Tag unseres Lebens neu erfahren dürfen.
Das Kolpingwerk blickt auf den 175. Jahrestag der Verbandsgründung zurück: am 20. Oktober 1850 schlossen sich die drei ersten Gesellenvereine – Elberfeld, Köln und Düsseldorf – zum „Rheinischen Gesellenbund“ zusammen. Tatsächlich war es ein Wagnis, das Adolph Kolping einging, als er die Idee des Gesellenvereins von Elberfeld aus mit in die Welt nahm. Sein Gottvertrauen und seine Überzeugung: „Wie übel wären wir dran, wenn unsere Hoffnung auf Menschen ruhte“ trugen ihn in seinem Vorhaben. Wir sagen Dank für all das Gute, das im Geist Adolph Kolpings vielen Menschen geschenkt wurde, und wir sammeln neue Kraft, um diesen Weg voller Hoffnung weiterzugehen.
Hoffnung und Gottvertrauen waren es, die Adolph Kolping Mut machten, Menschen zu gewinnen.
„Pilger der Hoffnung“ ist auch das Leitwort für das Heilige Jahr 2025. Pilger der Hoffnung sind mit einem großen Ziel vor Augen unterwegs. Davon spricht der Prophet Jesaja, wenn er das große Festmahl am Ende der Zeiten beschreibt. Das ist seine Hoffnung: Gott wird jede Träne abwischen. Glauben ist kein sinnloses Tun, das einen Menschen für den kurzen Moment seines Lebens glücklich macht und dann mit ihm zusammen begraben wird. Die Lesungen des heutigen Tages machen deutlich: aus dem Glauben handeln heißt, in meinem Tun die Zukunft vorwegnehmen, von der wir hoffen, dass sie einmal für alle gelten wird.
Adolph Kolping ist davon überzeugt: „Die Sehnsucht nach einer besseren Zukunft liegt zu tief in der Menschenbrust, das Verlangen nach Glückseligkeit ist gleichsam mit der Seele des Menschen zu sehr verwachsen, als dass es möglich wäre, so leicht die auf die Zukunft gebauten Hoffnungen einzureißen, jenes eingewurzelte Verlangen in düstere Verzweiflung zu verkehren. Mag auch jeder neue Tag menschliche, leider zu vielfach irdische Pläne zertrümmern, vom folgenden Tage erhofft der Mensch immer wieder aufs Neue eine günstigere Wendung seines Geschickes; die Hoffnung, dass es besser werden muss, besser werden wird, gibt er einmal nicht auf, kann er nicht aufgeben, weil sie allein es oft genug ist, welche die Tätigkeit seines Daseins bedingt.“
Jesus nimmt das, was die Jünger bringen: sieben Brote und ein paar Fische. Die Sieben ist die Zahl dieser Welt. Das, was die Jünger bieten, ist das, was die Welt bieten kann. Unter dem Segen Jesu reichen Brot und Fische für alle, und selbst die Überbleibsel in den sieben Körben sind ein Hinweis auf die neue Welt, die im Reich Gottes bereits anbricht – Licht im Dunkel, Hoffnung gegen Verzagtheit, Liebe und Solidarität, die Halt geben, wenn alles in Bewegung ist oder sogar unterzugehen scheint. Da kann Heilung und Befreiung geschehen, da leben Menschen auf und schauen nach Gott aus, weil sie Zeichen seiner Nähe entdeckt und erfahren haben. Wir dürfen unser Vertrauen daraufsetzen, dass Gott aus dem Guten, zu dem Menschen fähig sind, Großes wachsen lässt, und dass wir uns an den Maßstäben seiner liebenden Fürsorge orientieren, wenn wir uns dafür einsetzen, der Welt ein menschliches Gesicht zu geben.
Papst Franziskus nennt in seiner Ankündigung des Heiligen Jahres wichtige Zeichen der Hoffnung: er fordert dazu auf, sich einzusetzen für den Frieden in der Welt, eine begeisterte Lebenseinstellung zu kultivieren und mit anderen zu teilen, dass Christen für ein notwendiges soziales Bündnis für die Hoffnung eintreten, das inklusiv und nicht ideologisch ist und sich für eine gute Zukunft einsetzt, dass die Hoffnung der Jugendlichen nicht enttäuscht wird und schließlich dass ein Schuldenerlass den Ländern auf dieser Welt gewährt wird, den sie sowieso nicht zurückbezahlen könnten. Damit würde tatsächlich ein Stück Zukunft Wirklichkeit.
Adolph Kolping sagt: „Die Welt kann alles entbehren, was menschlicher Verstand ausklügelt, und noch immer bestehen, ... aber eines kann die Welt nie mehr entbehren, ist ihr heute mehr als je Bedürfnis geworden, auch selbst wo sie die Sache nicht einmal zu nennen weiß, das ist der Glaube, der in der Liebe tätig ist. Diese Liebe ist, seit das Christentum auf der Welt ist, das Universalheilmittel für alle Schäden und Gebrechen in der menschlichen Gesellschaft.“
Mit dieser Überzeugung hat Adolph Kolping sein Werk begründet und begonnen. Starke, lebensfähige Gemeinschaften aus drei Städten hat er zusammengeführt. Damit hat er Kräfte gebündelt und für die Gesellen ein Stück Zukunft vorweggenommen: Gemeinschaft geschenkt, die Halt gibt und Mut macht, den eigenen Weg zu gehen – in der Kraft der Hoffnung, die aus dem Glauben wächst und in der Zuwendung zu Gott und den Menschen tätig wird. So wird ein Kolpinggedenktag am Beginn des Advents zu einer guten Aufforderung, nicht resigniert die Hände sinken zu lassen „weil man sowieso nichts machen kann“, sondern immer wieder ein Licht anzuzünden, wo es dunkel ist, Gutes zu tun, wo wir es können.
Wir sind in einer guten Gemeinschaft unterwegs, in der wir uns gegenseitig stärken, indem wir eintreten für eine Kirche, die den Menschen zugewandt bleibt, in der die Menschen auf Augenhöhe miteinander umgehen und sich mit Blick auf die Vielfalt des Lebens für eine bessere Gegenwart, für mehr christliches Handeln einsetzen. Wenn wir uns heute das Beispiel Adolph Kolpings vor Augen halten, ist das mehr als eine fromme Erinnerung: es ist vielmehr die lebendige Vergegenwärtigung eines Lebenswerkes, das uns auffordert, im Blick auf die Nöte unserer Zeit für mehr christliches Handeln zu sorgen und der Welt ein menschliches Gesicht zu geben.