November/2023

Bausteine für die Gebetszeit am World Orange Day (25.11.2023)

Gebete und Impulse für eine Gebetszeit am World Orange Day, dem Aktionstag für die Bekämpfung von Diskriminierung und Gewalt jeder Form gegenüber Frauen und Mädchen.

  • Königin Ester

    Zu den starken Frauen in der Bibel zählt die Königin Ester
    Ester ist eine junge jüdische Frau, die im 5. Jahrhundert vor Christus in der persischen Diaspora gelebt hat und ihr Volk vor der VERNICHTUNG RETTET: Als der persische König Artaxerxes eine neue Frau sucht, wird ihm Ester vorgestellt, ihre Anmut überzeugt den König; sie wird seine Frau und somit persische Königin. Sie verheimlicht ihm zunächst ihre jüdische Abstammung. Als der Großwesir Haman einen Völkermord an den Juden plant, ist es Ester, die für ihr Volk eintritt. Der drohenden Gewalt tritt sie mit ihrem Gebet entgegen. Sie kann ihren Mann davon überzeugen, den Großwesir abzusetzen. Damit ist der Völkermord abgewendet. (nach Kolpingmagazin 04_2023, x-mag)
     

    Aus dem Gebet der Königin Ester:

    Mein Herr, unser König, du bist der All-einzige. Hilf mir! Denn ich bin hier einzig und allein und habe keinen Helfer außer dir; die Gefahr steht greifbar vor mir. 
    Du bist gerecht, Herr. Hilf mir, denn ich bin allein und habe niemand außer dir, o Herr! Du kennst alles.  
    Offenbare dich in der Zeit unserer Not und gib mir Mut, König der Götter und Herrscher über alle Mächte! Uns aber rette mit deiner Hand! Hilf mir, denn ich bin allein und habe niemand außer dir, o Herr!
    Herrdu Gott Abrahams. Gott, du hast Macht über alle: Erhöre das Flehen der Verzweifelten und befrei uns aus der Hand der Bösen! Befrei mich von meinen Ängsten!
     

  • Edith Stein

    Zu den starken Frauen des 20. Jahrhunderts, die Opfer der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft wurden, gehört Edith Stein.

    Die Philosophin Edith Stein, die aus einer jüdischen Familie stammte und Christin wurde, schließlich sogar hier in Köln in den Orden der Karmelitinnen eintrat, hat sich Königin Ester zeitlebens zum Vorbild genommen. Als die Nationalsozialisten Edith Stein im Jahr 1942 nach Auschwitz deportierten, soll sie zu ihrer Schwester gesagt haben: „Komm, wir gehen für unser Volk.“

    Schon 1938 schrieb Edith Stein: „Ich muss immer wieder an die Königin Esther denken, die gerade darum aus ihrem Volk genommen wurde, um für das Volk vor dem König zu stehen. Ich bin eine sehr arme und ohnmächtige kleine Esther, aber der König, der mich erwählt hat, ist unendlich groß und barmherzig.“ Mit diesem König meint Edith Stein Jesus Christus.
    Edith Stein hat viel gebetet, schon bevor sie 1933 in den Orden der Karmelitinnen eingetreten ist. Sie hat Gott alle ihre Sorgen anvertraut - um ihr persönliches Leben, das Schicksal des jüdischen Volkes, die Zukunft Deutschlands, den Frieden in Europa. Im Gebet hat sie offensichtlich Frieden, Klarheit und eine innere Gewissheit über ihren Weg gefunden. 1942 wurde sie nach Ausschwitz deportiert und am 9. August ermordet. Ihr Denkmal steht hier ganz in der Nähe: in der Gereonstraße. In der katholischen Kirche wird sie als Heilige verehrt.

    In einem ihrer Gebete spricht sie voll Vertrauen zu Gott:

    "Ohne Vorbehalt und ohne Sorgen
    leg ich meinen Tag in Deine Hand.
    Sei mein Heute, sei mein Morgen,
    sei mein Gestern, das ich überwand.

    Frag mich nicht nach meinen Sehnsuchtswegen,
    bin aus Deinem Mosaik ein Stein.
    Wirst mich an die rechte Stelle legen,
    deinen Händen bette ich mich ein.“

    So betet eine gläubige Frau im Angesicht von Gewalt und Vernichtung. Die Bibel beschreibt immer wieder die Erfahrung geknechteter Menschen, dass Gott auf ihrer Seite steht, und dass sie mit ihm erleben, wie er sie in die Freiheit und zurück in die Gemeinschaft ihres Umfeldes führt.

    Der Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs ist der Gott und Vater Jesu von Nazaret, von dem Jesus sagt: „Er ist nicht der Gott von Toten, sondern von Lebenden“ (Mt 22,32)

  • Moment der Stille

    In diesem Moment der Stille und des Gebetes verbinden wir uns mit den Opfern der Gewalt und beten für sie.

    Die Bibel blendet die dunkle Seite der Wirklichkeit menschlichen Lebens nicht aus, sie bringt sie zur Sprache. Wir zünden Kerzen an für die Frauen, die der Gewalt zum Opfer gefallen sind und  ihr Leben verloren haben – wir denken in einem Moment der Stille an sie.

  • Gebet aus dem Buch der Psalmen

    Im Buch der Psalmen findet sich ein Gebet, das von Verzweiflung und Dunkel geprägt ist:

    4 „…mit Leid ist meine Seele gesättigt, mein Leben berührt die Totenwelt.
    5 Schon zähle ich zu denen, die hinabsteigen in die Grube, bin wie ein Mensch, in dem keine Kraft mehr ist.
    6 Ausgestoßen unter den Toten, wie Erschlagene, die im Grab liegen, derer du nicht mehr gedenkst, abgeschnitten sind sie von deiner Hand.
    7 Du brachtest mich in die unterste Grube, in Finsternisse, in Tiefen.
    8 Auf mir lastet dein Grimm, mit all deinen Wogen drückst du mich nieder.
    10 Mein Auge erlischt vor Elend. Den ganzen Tag, HERR, ruf ich zu dir, ich strecke nach dir meine Hände aus.
    11 Wirst du an den Toten Wunder tun, werden Schatten aufstehn, um dir zu danken?
    13 Werden deine Wunder in der Finsternis erkannt, deine Gerechtigkeit im Land des Vergessens?
    14 Ich aber, HERR, ich schreie zu dir um Hilfe, am Morgen komme zu dir mein Bittgebet.
    15 Warum, HERR, verstößt du mich, verbirgst vor mir dein Angesicht?
    17 Über mich fuhr dahin die Glut deines Zorns, deine Schrecken haben mich vernichtet.
    18 Sie umfluten mich den ganzen Tag wie Wasser, sie dringen auf mich ein von allen Seiten.
    19 Entfernt hast du von mir Freunde und Nachbarn, mein Vertrauter ist nur noch die Finsternis.“
    (Ps 88, 4-8.10-15.17.19)

  • Fürbitten

    Wir beten für die Frauen und Mädchen, die sexualisierter Gewalt ausgesetzt sind.

    Wir denken an die Frauen und Mädchen, die unterdrückt und klein gehalten werden.

    Wir bitten um Kraft für alle, die unter psychischer oder physischer Gewalt zu leiden haben.

    Wir bitten um Achtsamkeit und Solidarität aller Menschen, die in ihrem Umkreis Zeug*innen häuslicher Gewalt werden.

  • Gebet von Kolping-Bundespräses Hans-Joachim Wahl

    Gott, du willst das Leben und nicht den Tod.
    Du willst Frieden und nicht den Krieg.
    Du rufst die Menschen auf, sich auf Augenhöhe und in Herzensnähe zu begegnen
    Wir erleben so oft das Gegenteil:
    Menschen, die das Leben der anderen nicht respektieren und nicht schützen, sondern erniedrigen und unterdrücken
    Menschen, die Kriege führen
    Menschen, die einander nicht helfen, groß zu werden
    Heute richten wir unseren Blick auf Frauen und Mädchen, die Opfer von Gewalt werden,
    die ihren Weg nur in Angst vor dem nächsten Übergriff gehen können,
    die auf Solidarität angewiesen sind und darauf warten, dass Menschen sie wahrnehmen.
    Wir sind nicht zur Tatenlosigkeit verdammt – wir können aufmerksam, achtsam und solidarisch sein  und auf die Not unserer Mitmenschen aufmerksam machen.
    Halt unseren Blick und unsere Sinne wach, dass wir Zeichen der Gewalt nicht übersehen,
    mach alle stark, die sich für Opfer psychischer, physischer, häuslicher und sexualisierter Gewalt einsetzen.
    Nimm die Lebenden in deinen Schutz und schenke den Opfern, die ihr Leben verloren haben, die Freude des Himmels.
    Mit Jesus Christus und mit allen Christ*innen beten wir, wie er uns gelehrt hat:
    Vater unser im Himmel…

  • Segen

    Aus Paul Weismantel: Segensgebete

    Gott geht mit uns

    Du gehst doch mit,
    o Gott, auf den
    vielen kurzen
    und langen
    Wegen des
    Lebens?

    Du gehst doch mit, 
    o Gott, wenn wir
    gut vorankommen
    und wenn wir straucheln und
    fallen?

    Du gehst doch mit,
    o Gott, wenn wir
    neu aufbrechen,
    um nicht stehen
    oder stecken zu
    bleiben in dem,
    was wir
    erreicht haben?

    Du gehst doch mit,
    o Gott, wenn wir
    müde und erschöpft
    einen guten Ort suchen,
    an dem wir uns endlich
    ausruhen können?

    Gut, dass du
    mitgehst, o Gott!

    Gott segnet euch und geht mit euch: der Vater, der Sohn und der Heilige Geist. Amen.