Juli/2021

Altkleidermarkt erholt sich nach Corona

Jahrzehntelang hatte sich das Verfahren eingespielt: Rund 1,6 Millionen Tonnen Altkleider werden Jahr für Jahr gesammelt und weiterverwertet, allein 16.000 Tonnen über die Kolping Recycling GmbH. Doch dann kam Corona, und das System brach zusammen. Wie die Kolping Recycling GmbH mit dieser Situation umgeht, erläutert Stephan Kowoll, Geschäftsführer der Kolping Recycling GmbH in Fulda.

Kolpingbruder Kowoll, was hat sich in der Corona-Pandemie auf dem Altkleidermarkt getan?

Wie in allen anderen Bereichen des täglichen Lebens wurden die Aktivitäten zurückgefahren. Anfangs haben die Bürger vermehrt ihre Kleiderschränke ausgeräumt und damit unglaublich hohe Mengen in den Markt eingebracht. Schon nach kurzer Zeit waren die Lagerkapazitäten der Sortierwerke, die die Ware für den internationalen Großhandel verarbeiten, erschöpft. Die internationalen Handelswege brachen zusammen. Die etablierten Leerungszyklen bei den Sammelcontainern wurden überbeansprucht; die Altkleider stapelten sich vor den Containern. Es entstand überall ein Rückstau von Ware – mittlerweile hat sich das glücklicherweise wieder verbessert.

Lohnt sich das Recyceln ausgedienter Kleidung noch?

Selbstverständlich lohnt sich das Sammeln und Recyceln ausgedienter Kleidung noch. Dies hat einerseits einen ökologischen Aspekt, man stelle sich vor, der riesige Berg von Gebrauchtkleidung würde im Restmüll und auf den Mülldeponien landen. Andererseits gibt es für die Sammler immer noch einen guten Erlös. Wir befinden uns aktuell auf einem Preisniveau wie etwa im Jahre 2004. Gebrauchtkleider stellen einen wertvollen Rohstoff dar. Dazu gehören immer auch Preisschwankungen.

Wem kommen die von Euch erwirtschafteten Gelder zu Gute?

Natürlich kommen die Erlöse zu aller erst den Sammlern zugute. Wenn nach Abzug unserer Kosten noch ein Gewinn erwirtschaftet wird, kommt der unseren gemeinnützigen Gesellschaften zugute. Somit verbleiben sämtliche Gewinne im Kolpingwerk. Das unterscheidet uns von anderen Marktteilnehmern.

Wie steht es um die Qualität der abgegebenen Kleidungsstücke? Welche Auswirkungen hat das steigende Angebot billiger Kleidung im Handel auf Erlöse der Kolping Recycling GmbH?

Die Qualität der abgegebenen Kleidungsstücke hat sich in den letzten fünf bis zehn Jahren kontinuierlich nach unten entwickelt. Das Angebot billiger Kleidung im Handel verschärft diesen Effekt. Damit gehen natürlich auch die Qualitäten der sortierten Waren zurück. Dies lässt die Verwertungserlöse kontinuierlich sinken.

Die Arbeit im Vertragssortierwerk der Kolping Recycling GmbH hat sich fast wieder normalisiert.

Was bedeutet die derzeitige Situation für die Kolpingsfamilien, die Container aufgestellt haben oder Altkleidersammlungen durchführen? Rechnet sich das überhaupt noch?

Natürlich rechnen sich Sammlungen noch für Kolpingsfamilien. Ich habe eingangs erwähnt, dass wir uns auf einem Preisniveau wie im Jahr 2004 befinden. Derzeit scheint die Talsohle durchschritten zu sein. Die Preise festigen sich. Aber mit einem Sammelcontainer hat die Kolpingsfamilie keine Arbeit. Alles wird ihr abgenommen. Der Erlös wird halbjährlich oder jährlich an die Kolpingsfamilie ausgeschüttet und trägt mancherorts zur Finanzierung der Aufgaben der Gruppen erheblich bei.

Was empfiehlst Du den Kolpingsfamilien?

Kolpingsfamilien, die nicht genügend Ehrenamtliche motivieren können Straßensammlungen durchzuführen, sind mit Containersammlung ideal bedient. Ich kann den Kolpingsfamilien nur empfehlen nach attraktiven Sammelplätzen Ausschau zu halten. Sobald wir von einer Kolpingsfamilie die notwendigen Unterlagen erhalten, also Sammelgenehmigungen und ähnliches, werden wir aktiv.

Die Corona-Pandemie geht dem Ende entgegen. Wann rechnest Du damit, dass sich die Verhältnisse auf dem Altkleidermarkt wieder normalisiert haben?

Die Situation hat sich entspannt. Wie sie sich in den nächsten Jahren entwickelt, kann aber noch niemand absehen. Aktuell bekommen wir vermehrt Meldungen, dass im Herbst wieder Straßensammlungen in größerem Umfang durchgeführt werden. Der Absatz der Ware ist derzeit zufriedenstellend.

Die Kolping Recycling GmbH sammelt nicht nur Altkleider. Welche anderen Waren verwertet ihr und wonach richtet sich, welche dies sind?

Ganz überwiegend sammeln wir Alttextilien. Dies umfasst auch Schuhe und Accessoires. Aber wir sind ständig an innovativen Sammelideen interessiert. So starten wir gerade mit unserer Firma "Sammel mit" das Projekt "Tintenkiste".

Was hat euch veranlasst, in die Sammlung von Tintenpatronen einzusteigen?

Viele Menschen arbeiten seit Beginn der Corona-Pandemie im Homeoffice. So sind die Mengen der im Markt befindlichen Tintenpatronen stark gestiegen. Nur 10 bis 15 Prozent davon werden recycelt. Das haben wir analysiert und reagieren mit unserem Projekt darauf. Wir haben bei unserem Sammelsystem "SHUUZ" über 16.000 motivierte Sammlerinnen und Sammler im In- und Ausland, die uns in regelmäßigen Abständen gebrauchte Schuhe senden. Hier gibt es nun den Versuch, diese Gruppen zur Sammlung von Tintenpatronen zu motivieren. 

Gibt es schon erste Informationen, wie die Aktion angenommen wird?

Da die Aktion erst wenige Wochen alt ist, gibt es noch wenig Erfahrungen. Es freut uns, dass wir bereits über 500 Starter-Sets versenden konnten. Auch sind die ersten Rückläufer von Sammelgruppen da. Wir wollen mit dem Projekt langsam starten, da es durchaus erklärungsbedürftig ist. Nach der Sommerpause geben wir richtig Gas, und alle Gruppen, die Interesse haben, können sich jetzt schon auf interessante und schöne Materialien freuen.

Aktion Tintenkiste

Jedes Jahr landen in Deutschland Millionen von leeren Tintenpatronen mit Druckkopf aus privaten Homeoffice-Druckern im Müll. Das muss nicht sein! Verbrauchte Tintenpatronen können wieder befüllt werden. So kann Abfall vermieden werden. Mehr noch: Es gibt sogar eine Vergütung für leere Tintenpatronen mit Druckkopf. Vermeintlicher Abfall wird vermieden, die Teilnehmer erhalten einen Erlös. Und die Umwelt profitiert, weil weniger Ressourcen für neue Produkte eingesetzt werden müssen. So auch bei der Tintenkiste: Mitglieder, Förderer und befreundete Unternehmen, kurz engagierte Menschen im Umfeld von Kolpingsfamilien sammeln ihre leeren Druckerpatronen und packen sie in die Tintenkiste. Für jede Tintenpatrone mit Druckkopf erhält die Einrichtung einen Euro.

Wie funktioniert die Tintenkiste?

Ganz einfach: Als erstes fordert man die Tintenkiste kostenfrei an. Sie wird mit der Post geliefert.

Darin befinden sich schon die Werbematerialien, mit denen das Umfeld der Einrichtung zum Mitmachen aufgefordert werden kann: Mitmachkarten zum Verteilen, Poster zum Aufhängen, ein Paketaufkleber für den kostenfreien Versand der Tintenkiste und vieles mehr.

Sobald die Tintenkiste voll ist (es passen ca. 40 Tintenpatronen mit Druckkopf hinein) wird der Rücksendeaufkleber angebracht und die Tintenkiste zugeklebt.

Dann geht es ab damit zur Post. Die Auswertung und Gutschrift erfolgen binnen einer Woche!

Achtung! Tintentanks, also Tintenpatronen ohne Druckkopf, dürfen nicht in die Sammelkiste! Solche Tintentanks werden nicht nachgefüllt, da es meist billiger ist, die Patrone komplett neu herzustellen. Daher lassen sich diese Tintentanks leider nicht wiederverwenden. 

Mehr unter www.tintenkiste.de

Fotos/Illustrationen: Kolping Recycling GmbH, Sammel mit GmbH