Oktober/2022

Flucht- und Vertreibung: Unsere Mitverantwortung

Flucht und Vertreibung betreffen jährlich Millionen von Menschen weltweit, und auch Ost-Europa und Deutschland wurden im Februar 2022 unausweichlich mit dem Thema konfrontiert.

Flucht und Vertreibung betreffen jährlich Millionen von Menschen weltweit, und auch Ost-Europa und Deutschland wurden im Februar 2022 unausweichlich mit dem Thema konfrontiert. Durch den russischen Angriffskrieg sind Millionen Ukrainer:innen gezwungen worden, ihre Heimat zu verlassen; sie flüchteten vor allem in die westlichen Nachbarländer und sind bei uns in Deutschland angekommen. Jedoch ist dies nicht die erste Migrationswelle, von der wir indirekt betroffen sind, es ist nur eine von vielen. Zuletzt hat Deutschland im Jahr 2015 Hunderttausende vor Krieg und Verfolgung fliehender Menschen aufgenommen. Ihre Geschichten von damals und heute sind so vielfältig wie die Orte und Länder, aus denen sie zu uns gekommen sind. Meist sind sie von Demütigung, Verlust und Traumata gekennzeichnet. Gleichzeitig fordern sie Respekt und Anerkennung ein für den Mut und das Durchhaltevermögen, die Hilfesuchende aufgebringen, wenn sie ihr bisheriges Leben, Familienangehörige und die Heimat hinter sich lassen.

Die Folgen von Flucht und Vertreibung können die betroffenen Menschen oft nicht alleine bewältigen. Es ist eine Gemeinschaftsaufgabe und fordert das Engagement von allen Seiten, sowohl der Gastgemeinden, die Geflüchtete aufnehmen, als auch der Menschen, die aufgenommen wurden und sich nun integrieren müssen.

Ein wichtiger erster Schritt: Bewusstsein bilden

Vor allem aber erfordern sie das Wissen über die Ursachen von Flucht und Vertreibung: Warum fliehen Menschen? Wer flieht, und wohin? Welche Herausforderungen und Hürden erwarten Menschen vor, während und nach der Flucht? Wie fühlen sich Menschen, die ihr altes Leben hinter sich gelassen haben und gezwungen sind, ein neues zu beginnen? Wie können wir sie dabei unterstützen? Was können Gastgemeinden dazu beitragen, sowohl auf institutioneller als auch auf individueller Ebene? Was können Geflüchtete selbst tun?

Es muss Aufgabe aller öffentlichen und privaten Bildungsträger, Verbände, Projekte und Initiativen sein, diesen komplexen Sachverhalt gut aufbereitet, verständlich und nachhaltig an ihre jeweiligen Zielgruppen heranzutragen.

Mit den hier vorgestellten und verlinkten Bildungsmaterialien zu Fluchtursachen will das Kolpingwerk sich den oben gestellten Fragen annähern und seine Erfahrungen und Kompetenzen zu dem Themenkomplex gebündelt und geordnet zur Verfügung stellen. Sie sollen alle Menschen, jung wie alt, und aus allen Bildungskontexten, ansprechen und ermutigen, sich über

  • die Situation der Geflüchteten in Deutschland und weltweit
  • die Ursachen ihrer Flucht
  • ihre Herkunftsländer
  • und die Größenordnung von Fluchtbewegungen

zu informieren und sich für die Belange von Geflüchteten zu interessieren. Darüber hinaus sollen sie die Bedeutung und Notwendigkeit der Solidarisierung mit Geflüchteten veranschaulichen und Menschen aus Gastgemeinden dazu ermutigen und befähigen, Inklusionsbemühungen von Geflüchteten aktiv zu unterstützen, anstatt diese Menschen als Bedrohung und Ursache für soziopolitische Probleme in Deutschland anzusehen. Zuletzt verfolgt diese Materialiensammlung den Anspruch, individuelle Perspektiven zu erweitern und eröffnet die Möglichkeit, die eigenen Privilegien im sicheren und wohlhabenden Deutschland kritisch zu reflektieren.

Wissen zu solidarischem Handeln nutzen

Zu den Bildungs- und Veranstaltungsangeboten, mit denen Kolpingwerk auf die Lage der Flüchtenden aufmerksam macht, gehört auch das „Netzwerk für Geflüchtete“, das seit 2016 in Gemeinden und Schulen landesweit für Themen wie Fluchtursachen oder Umgang mit Vorbehalten sensibilisiert. Damit verfolgen der Verband das Ziel, Inklusion und gesellschaftliche Teilhabe von Geflüchteten zu fördern. Seit April 2022 informiert das „Netzwerk Ukraine“ in Deutschland ankommende Geflüchtete aus der Ukraine digital über Unterstützungs- und Kontaktangebote in ukrainischer und russischer Sprache.

Das Kolpingwerk unterstützt auch die Handy-Spendenaktion „Schutzengel“ von missio, bei der Kolpingmitglieder seit 2018 bereits über 70.000 Handys gesammelt haben. Auf diese Weise werden wertvolle Rohstoffe in den Materialkreislauf zurückgeführt, die andernfalls unter unfairen und lebensgefährlichen Arbeitsbedingungen gewonnen würden. Auch dies gehört zu dem wichtigen Engagement zur Bekämpfung von Fluchtursachen. Aus demselben Grund ist Kolping Teil des breiten zivilgesellschaftlichen Bündnisses „Initiative Lieferkettengesetz“, das sich dafür einsetzt, dass Unternehmen in ihren Wertschöpfungsketten Menschenrechte und Umweltstandards achten. Hierzu veröffentlicht der Verband regelmäßig Erfahrungsberichte, Interviews und Stellungnahmen, die den Themenkomplex „Fluchtursachen“ zum Gegenstand haben und alle Themen beleuchten, die unmittelbar damit zusammenhängen und Auswirkungen auf Geflüchteten selbst, die aufnehmende Gesellschaft und das gemeinsame Zusammenleben haben.

Foto: Benjamin Goebel