Juli/2021

Ein Baumeister der Überzeugung: Josef Weber

Wenn der Volksmund sagt, die Männer vom Bau hätten in mehrfacher Hinsicht besondere Qualitäten, könnte Josef Weber aus Bochum für dieses Bonmot Pate gestanden haben.

Weber, Jahrgang 1911, wird mit 17 Jahren Mitglied des katholischen Gesellenvereins Bochum-Zentral. Bis die Nationalsozialisten 1933 die Auflösung verfügen, gehört der gelernte Maurer dem Vorstand des Gesellenvereines an und ist dort in der Maurerfachabteilung tätig.

Nach dem Zweiten Weltkrieg liegen nicht nur 90 Prozent der Bochumer Innenstadt in Schutt und Asche; auch vom 1864 eingeweihten Kolpinghaus sind nicht mehr als Trümmer übrig. Unter der Regie von Josef Weber als Bauleiter geht es an den Wiederaufbau; Handarbeit im Wortsinn, nach Feierabend, fast alles in Eigenleistung. Bereits im August 1949 wird Richtfest gefeiert, weshalb das Haus beim Bochumer Katholikentag wenige Wochen darauf in Teilen genutzt werden kann. Nach mehreren Bauabschnitten, die auch der Erweiterung dienen, nimmt das Kolpinghaus 1952 seine heutige Gestalt an.

Hinter dem sperrigen Titel Diözesanberufsbildungsobmann verbirgt sich viel Arbeit. Josef Weber nimmt diese Aufgabe ab 1950 für acht Jahre im Diözesanverband Paderborn wahr. Der Maurer bildet sich auch selbst fort; erst zum Polier dann zum Techniker. Mit Vorträgen, Schulungen und Fortbildungen ist er im gesamten Erzbistum unterwegs, um den Handwerksgesellen neben dem fachlichen auch das inhaltliche Rüstzeug zu vermitteln. Dieses Netzwerk nutzt Josef Weber ab 1958 geschickt als Diözesan-Altsenior des neuen Ruhrbistums Essen. Dessen Gründung führt nicht nur aus materiellen Gründen zu Diskussionen. Josef Weber gelingt es innerhalb des Verbandes, ähnlich Bischof Franz Hengsbach in der Diözese integrierend zu wirken. Bis 1970 steht Weber an der Spitze des Diözesanverbandes.

Die beruflichen und politischen Kompetenzen Josef Webers sind auch an anderer Stelle geschätzt. Er arbeitet ehrenamtlich im Prüfungsausschuss der IHK, berät den Bochumer CDU-Kreisverband in Handwerksfragen, bringt sich im Vorstand der Arbeitsgemeinschaft katholischer Männerorganisationen und im Bochumer Stadt-Katholiken-Ausschuss ein. Fast folgerichtig gehört Weber dann auch dem Leitungsgremium an, das sich mit Vorbereitung und Durchführung des 82. Katholikentages in Essen 1968 beschäftigt.

Sein technischer Sachverstand hilft beim Bau der 1974 eröffneten Familienferienstätte in Nachrodt-Wiblingwerde, die auch die intensive Bildungsarbeit und die Wochenend-Schulungen des Diözesanverbandes begleiten soll. Eigentlich schon im Ruhestand, übernimmt Josef Weber Ende der 1970er Jahre nochmals Verantwortung; im Entstehen des 1980 eingeweihten Berufsbildungswerkes in Essen-Kray liegt die Bauleitung in seinen Händen.

Webers Wirken bei Kolping und an anderer Stelle erfährt zahlreiche Würdigungen: 1966 erhält er das Ehrenzeichen des Kolping-Zentralverbandes; Papst Paul VI. verleiht ihm 1970 den Orden "Pro ecclesiae et pontifice". 1971 wird er Träger des Bundesverdienstkreuzes. 

Der Begriff „gottesfürchtig“ scheint etwas aus der Mode gekommen, auf Josef Weber trifft er gleichwohl zu. In einem Aufsatz zum 110-jährigen Bestehen der Kolpingsfamilie Bochum-Zentral charakterisiert er auch Verband- und Handwerksarbeit als Teil eines pastoralen Auftrags und beklagt in diesem Zusammenhang – fast visionär für 1963 – den Bedeutungsverlust der Religion in vielen Lebensbereichen. Im persönlichen Bereich stellt Weber die Weichen im übertragenen Sinne anders: Wie andere Familienmitglieder auch ist sein Sohn Karl-Josef seit früher Jugend Kolping-Mitglied; er wird zum Priester geweiht und wirkt ab 1978 als Diözesanpräses in Essen.

Josef Weber wird 1987 im Alter von 76 Jahren unter großer Anteilnahme in Bochum zu Grabe getragen.