Der gebürtige Nordbadener, Jahrgang 1932, ist gelernter Fernmeldetechniker und findet nach seiner Ausbildung eine Anstellung als Revisor für das Fernmeldewesen bei der Landespolizeidirektion (LPD) Karlsruhe. Seinem Eintritt in die Gewerkschaft der Polizei (GdP) 1970 folgt ein lebenslanges Engagement für die Arbeitnehmerschaft. Von 1976 bis 1984 vertritt Reinhold Kästel die Gruppe der Angestellten im baden württembergischen GdP-Landesvorstand, zwischen 1984 und 1996 amtiert er als stellvertretender Landesvorsitzender.
Zu Beginn der 1970er Jahre leitet Reinhold Kästel (noch als Senior) die Kolpingsfamilie seiner Heimatstadt. Ab 1975 führt er für einige Jahre zusätzlich den Vorsitz in der Region. Der überzeugte Gewerkschafter, der die Arbeitnehmerinteressen im Personalrat seiner Dienststelle, im Bezirkspersonalrat beim Regierungspräsidium sowie im Hauptpersonalrat beim Stuttgarter Innenministerium vertritt, ist für den Sachbereich „Gesellschaft und Politik“ des Kolping-Diözesanvorstandes eine Idealbesetzung. Hier kann er seine theoretische wie praktische Expertise einbringen, die stets auf einem soliden Fundament steht. Soziale Selbstverwaltung ist bei Reinhold Kästel immer angewandte Soziallehre. Er ist im weitverzweigten Kolpingwerk der Freiburger Erzdiözese unterwegs, um Mitglieder für die Sozialwahlen zu schulen; er gehört selbst zur Verhandlungskommission, die in den Bezirken Konstanz und Mannheim die Handwerkskammerwahlen vorbereitet.
Nachdem Kästel neben seiner Arbeit im Diözesanvorstand auch für einige Jahre dem Freiburger Bildungswerk vorsteht, schlägt ihn der Diözesanverband 1988 für die Wahl in den Zentralvorstand vor. Kästel soll dort die Leitung des Sachbereichs „Gesellschaft und Politik“ wahrnehmen. Er wird dem Gremium bis 1996 angehören; sein großer und vielfältiger Einsatz wird 1994 mit der Verleihung des Ehrenzeichens des Kolpingwerkes Deutschland gewürdigt.
Die Arbeit von Reinhold Kästel steht aber nicht nur bei Kolping hoch im Kurs. 1990 erhält er für seinen ehrenamtlichen Einsatz das Bundesverdienstkreuz. Die GdP ernennt ihn bei seinem Ausscheiden aus dem geschäftsführenden Landesvorstand 1996 zum Ehrenmitglied; seine Arbeit ist zuvor bereits mit allen Auszeichnungen des Landesbezirks gewürdigt worden.
Sein ausgeprägter Gerechtigkeitssinn veranlasse ihn stets, in der Öffentlichkeit und gegenüber der Politik auf Defizite in der Menschenführung und Versäumnisse in der Sicherheitspolitik hinzuweisen. Die Worte des seinerzeitigen GdP-Landeschefs Heinrich Meyer umschreiben das Wertegerüst, auf dem Reinhold Kästel arbeitet: Ein Personalvertreter, der nicht nur am großen Rad der Tarifpolitik dreht, sondern sich auch den Interessen der kleinen Leute verpflichtet weiß und sich durch manchmal vergebene Liebesmüh oder zeitweisen Frust nicht beirren lässt. Kästel, das ist nicht nur der Gremienarbeiter und der Kümmerer fürs Personal. Mit dem von ihm initiierten „Hohritter Kreis“ schafft er ein Format, in dem sich verbandliche Fachleute mit der katholischen Soziallehre beschäftigten. Die Tradition zu bewahren, ist zu wenig. Es geht darum, die Weichen für die Zukunft richtig zu stellen.
Folgerichtig bedeutet seine Pensionierung 1995 auch nicht den Ruhestand im eigentlichen Wortsinn. Nachdem Reinhold Kästel sich schon zuvor um das heimatliche Brauchtum, etwa die Forchheimer Fasenacht gekümmert hat, beschäftigt er sich nun schriftstellerisch und forschend mit der Lokalgeschichte. Im Alter von 83 Jahren stirbt er 2016 in Forchheim.
Foto: Archiv Kolpingwerk Deutschland