Oktober/2021

Vom Knappen zum Minister – Hermann Schnipkoweit

Wer im niedersächsischen Groß-Giesen zur Welt kommt, dort aufwächst und zur Schule geht, dem bietet nicht selten der Bergbau Lohn und Brot. Hermann Schnipkoweit macht da keine Ausnahme.

Hermann Schnipkoweit

Das örtliche Kali-Werk ist größter Arbeitgeber der Stadt und prägt die Wirtschaft der Region bis in die 1990er Jahre. 1928 geboren, absolviert der Sohn eines Landarbeiters nach der mittleren Reife eine Lehre zum Bergknappen. Von 1945 bis 1963 bleibt der Bergbau seine berufliche Heimat.

Den Weg zum Gesellenvater findet Hermann Schnipkoweit 1947 als 19-Jähriger, als er sich der neu gegründeten Kolpingsfamilie Förste-Hasede-Giesen anschließt. Bereits ein Jahr später ist er ihr Vorsitzender (Senior) und bleibt es mit kurzer Unterbrechung bis zu einem Umzug nach Borsum 1953. Er leitet den Bezirksverband Hildesheim-Nord und amtiert schließlich zwischen 1950 und 1953 auch als Diözesansenior in Hildesheim.

Schon mit 17 Jahren tritt Schnipkoweit der IG Bergbau bei. Das ist eine sein Leben prägende Entscheidung. 1952 wird er erstmals in den Betriebsrat gewählt, dem er bis 1972 angehören wird. Parallel zu Fort- und Weiterbildungen entdeckt Schnipkoweit sein politisches Interesse. 1954 schließt er sich der CDU an, für die er zwei Jahre später in den Gemeinderat von Borsum einzieht. Über 30 Jahre Kommunalpolitik schließen sich an, auch im Kreistag von Hildesheim-Marienburg. Ab 1968 steht Hermann Schnipkoweit an der Spitze des CDU-Kreisverbandes; zwei Jahre später wird er auch zum stellvertretenden Vorsitzenden des CDU-Landesverbandes Niedersachsen gewählt, er bleibt es bis 1990.

Obschon im Bergbau verwurzelt, geht Schnipkoweit auch beruflich in die Politik. Ab 1963, über insgesamt 27 Jahre und sieben Wahlperioden sitzt er im Landtag von Hannover, wo er als Ausschussvorsitzender insbesondere die Städtebau- und Wohnungspolitik mitgestaltet. Als Ministerpräsident Ernst Albrecht 1976 vor der Regierungsbildung steht, beruft er Hermann Schnipkoweit als Sozialminister in sein Team. So eröffnet sich für ihn die Möglichkeit, seine Vorstellungen in praktische Politik zu gießen. Gelernter Kumpel im übertragenen Sinne bleibt er auch nach seinem Eintritt in die Landespolitik – Hemdsärmeligkeit mit Ministerrang. „Vor der Hacke ist es duster“, sagt er, wenn er die Kurzlebigkeit von Meinungsumfragen bewerten möchte. Auch als Politiker hat Schnipkoweit das Ohr an der Basis.

Zwei Leuchtturmprojekte markieren seine 14-jährige Arbeit als niedersächsischer Sozialminister: die erstmalige Einführung des Erziehungsgeldes in einem Bundesland und die Verbesserung der gesundheitlichen Versorgung der Bevölkerung auf dem Lande. Schnipkoweit gilt als einer der Väter der kirchlichen Sozialstationen, die er 1976 mit einem ersten Netzwerk auf den Weg bringt. Das besondere Augenmerk Schnipkoweits gilt daneben stets den Belangen von Familien und Menschen mit Binderung. Davon profitiert auch das Familienferienwerk im DV Hildesheim. Der Bau der Familienferienstätte „Pferdeberg“ in Duderstadt geht nicht zuletzt auch auf die Unterstützung des Kolpingbruders im Ministeramt zurück.

Schon 1974 würdigt der Diözesanverband Hildesheim das Wirken Hermann Schnipkoweits in Verband und Politik mit der Verleihung des Ehrenzeichens. 1998 erhält er das Ehrenzeichen des Kolpingwerkes Deutschland. Kolpingsohn, Bergmann, Kumpel, Betriebsrat und Minister – einer, der seinen Leitsatz „Der Mensch steht im Mittelpunkt“ nicht nur oft und gerne benutzt, sondern ihn lebt und politisch umsetzt. Seine Lebensleistung findet ihren Niederschlag in der Verleihung des Großen Verdienstkreuzes mit Stern der Bundesrepublik Deutschland. Hermann Schnipkoweit stirbt im Alter von 89 Jahren 2018 in Borsum.


Foto: CDU CDA Niedersachsen