Dezember/2022

Die Beschlüsse der Bundesversammlung

Vom 4. bis 6. November 2022 tagte die Bundesversammlung in Köln. Rund 250 Delegierte passten die Satzungen den neuen digitalen Möglichkeiten an, schrieben das Leitbild fort und beschlossen auf Bundesebene die Verwendung einer geschlechtergerechten Sprache.

Rund 250 Delegierte aus den 27 Diözesanverbänden, Regionen und Landesverbänden – darunter zahlreiche Vertreter*innen der Kolpingjugend sowie der Einrichtungen und Unternehmen – arbeiteten an drei Tagen sehr konzentriert und konstruktiv an zahlreichen Anträgen und Tagesordnungspunkten. Wir geben einen Überblick über die wichtigsten Beschlüsse.

1. Satzungsänderungen zur Digitalisierung

Die Corona-Pandemie hat die Digitalisierung der Verbandsarbeit auf allen Ebenen stark vorangebracht. Es gehört mittlerweile zum Standard, eine Sitzung digital durchzuführen oder auch eine Person bei Veranstaltungen in Präsenz per Videokonferenz zuschalten zu können.

Nachdem die Mustersatzungen für Kolpingsfamilien und für Diözesanverbände auf die neuen Zeiten bereits umgestellt worden waren, galt es die notwendigen Anpassungen für das Kolpingwerk Deutschland zu beschließen. Dabei nahm die Bundesversammlung alle Organe und Gremien des Kolpingwerkes Deutschland und der Kolpingjugend in den Blick. Die Änderungen ermöglichen die Durchführung von Versammlungen und Sitzungen der Organe und Gremien sowie die Beschlussfassung über moderne Kommunikationsmittel. Zudem ist an vielen Stellen, die bislang einen schriftlichen Versand von Dokumenten auf dem Postweg erforderlich machten, nun ein Versand in Textform möglich, womit z. B. ein Versand per Post, E-Mail oder Telefax gemeint sind. Entsprechende Änderungen wurden in der Satzung des Kolpingwerkes Deutschland, in der Wahlordnung, die Teil der Satzung des Kolpingwerkes Deutschland ist, in der Schiedsgerichtsordnung sowie in den Geschäftsordnungen der Bundesversammlung und des Bundeshauptausschusses vorgenommen.

» Satzung des Kolpingwerkes Deutschland (Fassung vom 4.11.2022)
» Wahlordnung (Fassung vom 4.11.2022)

» Schiedsgerichtsordnung (Fassung vom 4.11.2022)


» Geschäftsordnung der Bundesversammlung (Fassung vom 4.11.2022)
» Geschäftsordnung des Bundeshauptausschusses (Fassung vom 4.11.2022)

2. Änderung des Organisationsstatuts

Im Organisationsstatut von 2008 wurden die Rechtsträger und Einrichtungen als Untergliederungen des Kolpingwerkes Deutschland differenziert erfasst und Regeln für die Arbeit der Aufsichtsgremien erlassen. Zentrales Ziel des Organisationsstatuts war es dabei, eine Durchgriffshaftung für den Personalverband auf allen Ebenen des Verbandes zu verhindern. In der Folge wurde das im Organisationsstatut beschriebene Kolpingregister aufgebaut. Darin sind derzeit ca. 85 Rechtsträger und ca. 390 Einrichtungen erfasst.

Aufgrund der seither gemachten Erfahrungen hat der Finanzausschuss des Kolpingwerkes Deutschland Vorschläge zur Weiterentwicklung des Organisationsstatuts erarbeitet. Diese Vorschläge wurden im Bundesvorstand beraten, mit den Vorständen des Verbandes der Kolpinghäuser und des Verbandes der Kolping Bildungsunternehmen besprochen und dann von der Bundesversammlung beschlossen. Die bisherige Unterscheidung in „Rechtsträger“ und „Einrichtungen“, die verbandlich kaum praktiziert wurde, wird in der Neufassung des Organisationsstatuts mit den Bezeichnungen „Rechtsträger des Verbandes“ und „sonstige Rechtsträger“ wiedergegeben, was der verbandlichen Arbeit besser entspricht. Zu den „sonstigen Rechtsträgern“ gehören z.B. Kolpinghausvereine, Bildungswerke und -unternehmen, Rechtsträger von Familienferienstätten, Jugendwohnen- und Hotelbetriebsgesellschaften, Karnevals- und Musikvereine in eigener Rechtsform.

» Organisationsstatut (Fassung vom 4.11.2022)

3. Das aktualisierte Leitbild von KOLPING in Deutschland

Das von der Bundesversammlung mit überwältigender Mehrheit beschlossene aktualisierte Leitbild ist das Ergebnis eines intensiven Beratungsprozesses auf vielen Ebenen, der mit der Bundesversammlung 2016 in Köln und dem Zukunftsprozess „Kolping Upgrade“ seinen Anfang nahm. In dieser Zeit wurden die Mitglieder aller verbandlichen Gliederungen ebenso wie die Mitarbeitenden in den Einrichtungen und Unternehmen immer wieder in verschiedenen Veranstaltungsformaten beteiligt. Die Zielsetzung war eine verbindliche Verständigung über Grundlagen, Inhalte und Ziele von KOLPING in Deutschland sowie eine zukunftsorientierte Fortschreibung des bestehenden Leitbilds aus dem Jahr 2000.

Der abschließende Prozess lag zuletzt in den Händen der Kommission Leitbildentwicklung, die sich nach dem Beschluss des Bundeshauptausschusses vom 8. bis 10. November 2019 konstituierte. In der Kommission arbeiteten Mitglieder und Mitarbeitende aller Landesverbände und Regionen, der Kolpingjugend, der Einrichtungen und Unternehmen sowie des Bundesvorstands unter Leitung von Klaudia Rudersdorf (Bundesvorstand), Sascha Dederichs (Kolping-Bildungsunternehmen) und Katharina Diedrich (Kolpingjugend) zusammen. Aus der Kommission wurde ein sechsköpfiges Redaktionsteam gebildet, das alle erarbeiteten Eingaben und Vorschläge des Prozesses bündelte, redaktionell bearbeitete und einen Entwurf des weiterentwickelten Leitbildes erstellte. Dabei wurden auch externe Expertisen aus verbandlicher, politischer, sprachlicher und auch theologischer Sicht eingeholt.

Dieses vorliegende Leitbild setzt in bewegten Zeiten einen mutigen und zuversichtlichen Akzent in die Zukunft. Wesentliche verbandliche Grundlagen sind darin beibehalten, weil sie die theoretische und praktische Basis aller Kolping-Arbeit beschreiben. KOLPING versteht sich weiterhin als Weg-, Glaubens-, Bildungs- und Aktionsgemeinschaft, die ihr Fundament im Wirken Adolph Kolpings erkennt und die katholische Soziallehre als die Richtschnur aller verbandlichen Praxis begreift.

Mit Blick auf die verbandlichen Aktivitäten wurde das Leitbild fortgeschrieben und damit inhaltlich weiterentwickelt. Dabei wurde berücksichtigt, dass KOLPING sowohl in den Gemeinschaften vor Ort als auch in den Einrichtungen und Unternehmen sein ohnehin breit gefächertes Angebot in den vergangenen 22 Jahren weiterentwickelt hat. Angesichts einer gewachsenen Vielfalt etwa im Bildungsbereich war es der Kommission ein Anliegen, das darin jeweils erkennbare Profil der großen Gemeinschaft und der Marke KOLPING herauszustellen. Das Leitbild nimmt beispielhaft Phänomene einer sich wandelnden Gesellschaft der vergangenen zwei Jahrzehnte – Globalisierung, Nachhaltigkeit, Digitalisierung, Diversität und die demografische Entwicklung – auf, um deutlich zu machen, dass KOLPING nicht ohne den sensiblen Blick auf die „Zeichen der Zeit“ gedacht werden kann, insbesondere dann, wenn daraus „Nöte der Zeit“ entstehen.

Unser Leitbild trägt zu einer gemeinsamen Identität aller bei, die unter dem Namen KOLPING die Gesellschaft und die Kirche mitgestalten. Es soll die Zukunftsfähigkeit des Verbandes genauso betonen wie die Bereitschaft zum Dialog ihrer Mitglieder in einer Zeit, die für viele Menschen von Verunsicherung und Zukunftssorgen geprägt ist. Auf der Basis der Frohen Botschaft Jesu Christi, im Wissen um die lebendige Kraft einer langen verbandlichen Tradition und mit der Fähigkeit, neue Zeiten anzunehmen und Wandel zu gestalten, möchte KOLPING mit diesem Leitbild Menschen ermutigen, stärken und einladen. Das erweiterte Leitbild ist getragen von der Überzeugung, dass sich die Ideen und Ziele des Verbandsgründers Adolph Kolping mutig in die heutige Gesellschaft hineintragen lassen, weil sie von bleibender Aktualität sind. Seine Grundlagen geben den Anstoß für ein engagiertes Kolpingwerk in der Mitte der Gesellschaft.

Das aktualisierte Leitbild soll den Kolpingmitgliedern und Mitarbeitenden der Einrichtungen und Unternehmen mithilfe einer Kommunikationskampagne nahegebracht werden, die unter dem Motto „Zusammen sind wir Kolping“ steht. Zudem wird das Leitbild auf Beschluss der Bundesversammlung in einfache Sprache übersetzt.

» Leitbild von KOLPING in Deutschland

4. Geschlechtergerechte Sprache

Nachdem die Kolpingjugend sich bereits seit einigen Jahren mit der Thematik der geschlechtergerechten Schreibweise beschäftigt hat, nutzt sie seit 2019 den Genderstern. Und auch das Kolpingwerk hat auf der Bundesversammlung 2021 einen Prozess initiiert und dazu aufgerufen, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen, Hintergründe zu verstehen und sich für geschlechtergerechte Sprache zu öffnen. Die Abstimmung in der Bundesversammlung ergab eine große Mehrheit für die Nutzung einer geschlechtergerechten Sprache und die Nutzung des Gendersterns als Sonderzeichen auf der Bundesebene mit seinen Einrichtungen und Unternehmen. In allen Untergliederungen des Verbandes soll der Sensibilisierungs- und Erkenntnisprozess bis zum Bundeshauptausschuss 2024 fortgeführt werden. Bei dieser Gelegenheit soll der Prozess reflektiert und über eine weitergehende Verwendung des Gendersterns beraten werden.

Im Grundgesetz und Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) ist geregelt, dass Personen wegen ihres Geschlechts nicht benachteiligt werden dürfen. Diese Gleichstellung kann nur erreicht werden, wenn auch alle Geschlechtsidentitäten in der Sprache und Kommunikation berücksichtigt werden. Denn Sprache schafft Bewusstsein. Mit dem Genderstern will das Kolpingwerk Deutschland ein Zeichen gegen Diskriminierung und für Offenheit setzen. Mit der Nutzung des Gendersterns zeigt der Verband allen Mitgliedern, Teilnehmer*innen und Interessierten, dass sie willkommen sind.

Der Genderstern wird bewusst als Zeichen der geschlechtergerechten Sprache gewählt. Er wird von lesbischen, schwulen, bisexuellen, transgeschlechtlichen, intergeschlechtlichen und queeren Menschen (LSBTIQ*) als das Symbol gesehen, welches die Vielfalt von Geschlecht am besten abbildet. Symbolisch stehen die Strahlen des Gendersterns, die in verschiedene Richtungen zeigen, für unterschiedlichste Geschlechtsidentitäten. Er macht den großen Raum rund um männlich und weiblich sichtbar. Zudem baut er, anders als der Schrägstrich (“/“) keine Trennung zwischen Mann und Frau auf, sondern verbindet diese und alle Identitäten miteinander. Der Unterstrich (Lehrer_in) wird abgelehnt, da er nur eine Lücke in einem binären System bildet. Die Vielfalt der Menschen wird hier nicht abgebildet. Dies gilt ebenso für das sogenannte Binnen-I (LehrerIn), welches lediglich die Binarität unterstreicht und nicht die Geschlechtervielfalt. Ein verbreitetes Zeichen ist ebenfalls der Gender-Doppelpunkt (Lehrer:in). Viele Lernende und Menschen mit kognitiven Einschränkungen kritisieren, dass der Gender-Doppelpunkt leicht zu überlesen ist. Der Stern ist hier auffälliger und durch seine vielseitigen Strahlen auch einschließender.

5. Bundesweite Gemeinschaftsveranstaltung 2025

Auf Beschluss der Bundesversammlung wird das Kolpingwerk Deutschland anlässlich des 175-jährigen Bestehens des Verbandes im zweiten Quartal des Jahres 2025 eine bundesweite Gemeinschaftsveranstaltung in Köln für alle seine Mitglieder sowie die Mitarbeitenden der Einrichtungen und Unternehmen durchführen. Die Veranstaltung dient der Stärkung des Verbandsgefühls und soll ein Signal des Aufbruchs auf Grundlage der Weiterentwicklung des Leitbildes in die „KOLPING-Welt“ hinein sein. Derartige Gemeinschaftsveranstaltungen hatten in der Vergangenheit für die Teilnehmenden immer sowohl einen besonderen Erlebnischarakter als auch eine nachhaltige Bedeutung für die eigene Arbeit und das eigene Engagement im Verband.

Beim Bundeshauptausschuss 2023 wird ein genauer Planungsstand vorgestellt und die Ausrichtung mit den Delegierten rückgebunden. Nach Abschluss des Zukunftsprozesses werden verschiedenste Materialien und Unterlagen zur Implementierung des Leitbildes im Verband erarbeitet und bis zur bundesweiten Gemeinschaftsveranstaltung zur Verfügung gestellt. Diese Vorbereitungen sollen Kolpingsfamilien, verbandlichen Untergliederungen sowie Einrichtungen und Unternehmen helfen, selbst entsprechende Veranstaltungen zu planen und durchzuführen.